Pilgern von Metz nach Vézelay – III. Jahresetappe 2014 – Toul bis Cirfontaines en Ornois



Donnerstag: 18. September 2014

Anreisetag in Toul 015

Kaum waren die Mitpilger im September 2013 vor der Kathedrale in Toul verabschiedet worden, begannen die Vorbereitungen für die Etappen im September 2014. Ein ganzes Jahr voller Vorfreude, Recherchieren, Planen und Vorwandern war im Sauseschritt vergangen und nun war es wieder soweit.

22 Mitglieder der St. Jakobusbruderschaft Trier hatten in diesem Jahr ihre Teilnahme an der Pilgerung zugesagt. Ein Mitglied hatte Besuch aus dem spanischen Burgos und brachte diesen kurz entschlossen als Gastpilger mit. Somit waren wir 23 Pilgerinnen und Pilger, die sich in Toul trafen.

Bis zum späten Nachmittag waren alle angereist, so dass wir zusammen mit unseren  Credencialen in die Kathedrale St. Etienne gingen um den ersten Stempel eindrücken zu lassen und danach die St. Gangolfkirche besuchten um dort den “himmlischen Beistand” für unsere Pilgerung zu erbitten. Wenn es schon keine Jakobuskirche gibt, ist uns Trierern Jakobspilgern auch  St. Gangolf sehr nahe, da wir in Trier zu Beginn jedes Jakobusabends in der dortigen Gangolfkirche immer die Hl. Messe mit anschließendem Einzelpilgersegen feiern, bevor wir uns zum Informations- und Stammtischteil des Jakobusabends treffen.

Den Abend verbrachten wir alle zusammen mit guter Laune, bei einem lecker Abendessen in gemütlicher Runde und voller Vorfreude auf die kommenden Tage.

Freitag, 19. September 2014                                                                                                    1. Etappe Toul – Vaucouleurs 22,4 km

6 Uhr Aufstehen, 7 Uhr Frühstücken im Hotel und 8 Uhr aufbrechen. So war es zu mindestens geplant. Bis dann endlich alle auf der Straße standen, war es fast 9 Uhr. Eine Gruppe von 23 ist nun mal nicht so leicht zu händeln, wie die 11 im vergangenen Jahr.

Mit dem franz. Pilgerlied “Ultreia” auf den Lippen verließen wir durch die Rue Jeanne d’Arc ziemlich schnell die Innenstadt. Einige hundert Meter weiter im Stadtpark  sprachen wir dann ein Morgengebet und  Diakon Hans Eisel erteilte uns den Pilgersegen. Nun waren wir auf unserer diesjährigen Pilgerung angekommen.

Das Wetter war angenehm zum Laufen und sehr schnell erreichten wir den Doppelort Choloy-Ménillot. Da wir nicht wie eigentlich vorgesehen, den Soldatenfriedhof  in Ecrouves besuchten und somit auch nicht durch Choloy den Ort betraten, verpassten wir Andrea und Josef, die mit unserem Begleitfahrzeug unterwegs waren. Sie hatten extra jemand ausfindig gemacht, der die Kirche aufschloss und auch einen Stempel für uns parat hatte. Ahnungslos gingen wir nur wenige hundert Meter an ihnen vorbei und folgten unserem Weg hoch in den Wald von Grande Mont um nach Rigny St. Martin zu gelangen.

Dort angekommen hatten wir erst mal eine Rast verdient, denn auf der gesamten Strecke von fast 18 km war nicht eine Möglichkeit, mal kurz zu sitzen.

Freundliche Dorfbewohner brachten kurzentschlossen einige Sitzbänke mit dem LKW und so konnten wir vor der schönen Dorfkirche St. Martin ausruhen. Mit neu getankter Kraft waren wir schnell oben auf dem Hügel angekommen und konnten schon unser Etappenziel Vaucouleurs von weitem sehen. Doch zuerst mussten wir den Berg wieder absteigen, um den Ort Chalaines zu durchqueren. Mitten im Ort am Dorfbrunnen, trennen sich die beiden Jakobswege, die aus Trier kommend nach Le Puy- en- Velay und Vézelay führen.

Nun war nur noch die Meuse auf einer schönen Brücke zu überqueren und schon waren wir am Stadteingang von Vaucouleurs, der Stadt, von der aus Jeanne d’Arc am 14. Februar 1429  nach Chinon aufbrach, um dem ungekrönten König Karl VII. zu seinem Thron zu verhelfen, auf den auch die Engländer Anspruch erhoben.

Übernachten durften im Pfarrgemeindesaal, direkt im Zentrum der Stadt gelegen.  Es gab nur 2 dünne Isoliermatten pro Person zum Schlafen und wir hatten keine Duschmöglichkeit, aber wir wollen es ja so authentisch wie möglich, also  gehört auch mal so eine einfache Unterkunft zum Pilgern. Mr. Rance, der ehemalige Bürgermeister der Stadt, hatte uns dies ermöglicht. So hatten wir recht kurze Wege die Stadt zu besichtigen, eine kurze Andacht in der Burgkapelle zu halten, die sehenswerte Madonna aus dem 12. Jahrhundert in der Krypta der Kapelle zu bewundern, unseren Proviant für den nächsten Tag einzukaufen und uns abends im Restaurant mit denen zu treffen, die es vorzogen im Hotel zu übernachten.

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Samstag, 20. September 2014                                                                                                 2. Etappe:    Vaucouleurs – Gondrecourt-le-Château – 20,5 km

Obwohl der Priester der Stadt, Père Valentin, wie in Frankreich mittlerweile auch üblich, mehrere Pfarreien zu betreuen hat, ließ er es sich nehmen mit uns um 8 Uhr die hl. Messe zu feiern.

Gegen 9.00 Uhr brachen wir dann bei richtig schönem Herbstwetter stadtauswärts zum nächsten Ort Montigny-lès- Vaucouleurs auf, der wunderschön versteckt an einem Berghang im Maréchal-Tal liegt. Wir ließen die St. Anna-Kapelle aus dem 14. Jahrhundert links unseres Weges liegen. Der Weg war zu versumpft, sie zu besuchen, was echt schade war. Etwas über 6 km führte uns dieser Weg stetig bergan, immer durch den Wald, bis nach Badonviller. Die Besitzer der Ferme Orgeval erlaubten uns auf einer Wiese vor ihrem Hof, Mittagsrat zu machen. Da es ein ehemaliger Campingplatz war, hatten wir sogar sanitäre Anlagen zur Verfügung. Wenn das mal kein Luxus war……..

Unser Weg sollte über Gérauvillers und Abainville nach Gondrecourt-le-Château führen, doch kurz vor Abainville erreichte uns der Anruf des M. Didier, dem wir unsere Unterkunft für diesen Tag in Gondrecourt zu verdanken hatten. Er bat uns, den direkten Weg von Abainville aus zu nehmen, und kündigte uns eine Überraschung an.

Stattdessen ergab sich die Möglichkeit, im Turnsaal des Gymnasiums des Ortes zu übernachten. Was waren wir alle froh! Denn 1. war es viel zentraler im Ort gelegen, 2. gab es mehr Duschen als wir brauchten und außerdem dicke Turnmatten zum Schlafen. Damit hatten wir in diesem Ort  auch nicht gerechnet.

Und der krönende Abschluss war: Wir wurden mit 8! großen, selbst gebackenen Kuchen, Kaffee, verschiedenen Likören und Wein überrascht. Das war vielleicht eine köstliche Angelegenheit nach dieser doch sehr anstrengenden Etappe, die uns durch den Wegwechsel fast nur über Asphalt führte 234 und dazu noch die Sonne so brillierte, dass das Thermometer bestimmt nicht weit von gefühlten 30 Grad entfernt gewesen ist, Wetter wie im Hochsommer.

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Bevor wir aber unsere Lager herrichten konnten, kam noch eine Dame von der dortigen Lokalzeitung vorbei und interviewte unseren “Hermano Mayor”, Dr. Schnabel, den Brudermeister unserer Jakobusbruderschaft, der uns in diesem Jahr erstmals  als Pilger begleitete.

Tevion DC-14Den Abend verbrachte die Gruppe wieder gemeinsam im einzigen Restaurant des Ortes. Der Wirt hatte uns ein leckeres Menü serviert und der französische Wein dazu war auch nicht zu verachten. Wir saßen im Wintergarten des Restaurants, direkt neben dem Fluss Ornain, einem Nebenfluss der Marne. Es kam ein Gewitter auf und es war faszinierend gewesen, den Blitzen zuzuschauen, den Regen aufs Dach prasseln zu hören und sich zu freuen, dass bestimmt am nächsten Tag die Hitze gebrochen sei. Bis wir das Restaurant verließen, war das Gewitter weitergewandert und wir freuten uns auf unsere wohlverdiente Nachtruhe, genauso wie auf den nächsten Tag.

Sonntag, 21. September 2014          

3. Etappe: Gondrecourt-le-Château – Cirfontaines-en-Ornois 14 km

Schon beim Morgengrauen bemerkten einige im Schlafsaal wie dunkel es für die Tageszeit noch sei. Beim Verlassen der Halle wussten wir auch warum. Der Himmel war wolkenverhangen. Das Gewitter hatte schlechtes Wetter hinterlassen.  Aber wie allseits bekannt, gibt es kein schlechtes Wetter, nur schlechte Kleidung und die hat ein Pilger unserer Zeit ganz gewiss nicht. Doch vorerst konnte alles im Rucksack bleiben, es blieb zwar grau und trüb, aber trocken.

Auch in Gondrecourt wurde uns die Pfarrkirche aufgesperrt, aber eine hl. Messe fand an diesem Morgen nicht statt, da diese nur noch alle paar Wochen gehalten wird, wie Mr. Didier uns erklärte. Er und Madame Madelaine, die Hallenwartin und Kuchenbäckerin vom Vortag, waren extra früh aufgestanden, um den Wortgottesdienst mit uns zu feiern, den uns unser Spiritual  Martin Lörsch mit auf den Weg gab, weil er selbst in diesem Jahr nicht dabei sein konnte.

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Danach wurden wir noch in den Gemeindesaal gebeten, um unseren Tagesstempel zu erhalten.  Anhand eines schönen selbstgemachten Wandbehanges wurde uns die Pfarreiengemeinde erklärt. Nun verstanden wir auch, warum die nächste Messe erst wieder im November ist. Der arme Père Valentin, den wir ja schon von Vaucouleurs her kannten, hat 21 Dörfer zu betreuen, die alle zur Pfarreiengemeinschaft gehören.

Also querten wir diesen lothringischen Acker, der fast nur aus Steinen bestand. Kein Wunder, dass diese Gegend das arme Lothringen genannt wird, die Bevölkerung konnte
301sich hier nie vom Boden des Landes ernähren, deshalb sind die Ortschaften so klein und viele Häuser stehen leer.

Jetzt bekamen wir auch noch ein Andenken an das Gewitter des letzten Tages mit auf den Weg. Der lehmige Boden blieb unter den Schuhen haften und machte das Gehen sehr beschwerlich. Endlich war die Landstraße in Sicht, auf die wir unsere Schritte lenkten. Doch zuerst galt es noch, einen kleinen Graben zu überwinden, der sehr rutschig war. Und prompt wurde einer Pilgerin dies und ihrer sehr hell-beigen Wanderhose zum Verhängnis. Sie rutschte aus und im Nu war ihre Hose rotbraun und nass. Wenigstens hatte sie sich nicht weh getan!

Kaum auf der Landstraße angekommen, fing es an zu regnen. Wenigstens mussten wir unsere Rucksäcke nicht mehr im schmutzigen Feld abstellen, um sie auszupacken. Wir blieben dann auch auf der Landstraße nach Luméville-en-Ornois, anstatt wieder auf den Pilgerweg über Tourailles-sous-Bois abzubiegen. Diesen Umweg brauchten wir bei diesem Regen nicht mehr. In Luméville angekommen, retteten wir uns erst mal in eine Bushaltestelle, so sehr hatte es zu regnen begonnen. Doch es nutzte ja alles nichts, es hörte nicht auf und so gingen wir  im Regen weiter.

Unser Begleitfahrzeug erwartete uns in Chassey-Beaupré. Doch auf dem Weg dorthin sagten schon mehrere Pilger, dass sie bei diesem Wetter keine rechte Lust mehr hätten, die volle Tagesetappe noch zu gehen. Einer unter uns hatte auch Schmerzen in den Knien vom vielen Asphaltlaufen. Wir machten in der Pfarrkirche noch eine kurze Rast und beschlossen dann, gemeinsam im nächsten Ort unsere diesjährige Pilgerung zu beenden.

Es hörte dann zwar noch einmal auf zu regnen, aber wir blieben trotzdem bei unserem Entschluss. Nach fast 14 km, wieder ohne Sitzgelegenheit am Weg und Gehen auf Asphalt, kamen wir in Cirfontaines-en-Ornois an. Die Kirche war geöffnet. Wir holten einige Bänke unter das Kirchendach und machten erst mal eine Rast.

Danach betraten wir die Kirche und zelebrierten eine kl. Dankandacht, sangen unser Jakobuslied zum Abschluss und verabschiedeten uns mit dem Versprechen im nächsten Jahr an gleicher Stelle weiter zu pilgern. Wir warteten noch auf die Rückkehr unseres Begleitfahrzeuges, das die Fahrer zu ihren Wagen brachte und so jeder zu seinem individuellen Heimweg aufbrach.

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Fotos: M. Bláhóva, I. Bilsdorfer, M. u. H. Schneider, J. Mies, G. Friedrichs
Text: I. Bilsdorfer