Pilgern auf dem Franziskusweg
Teil I – 5. – 13. 05.2018
Erster Bericht von Jakobusbruder Alfred Klas:
Assisi als Start unseres Pilgerweges auf dem Weg nach Rom. Wir fühlen die Faszination die von dem Ort mit seiner mächtigen Klosteranlage mit der Basilika San Francesco ausgeht. Auch der Fußweg hinaus nach San Damiano mit dem Gottesdienst in dessen Mauern tragen dazu bei.
Auszüge aus dem Sonnengesang des hl. Franziskus sind Impulse auf unserem Weg.
Ein kurzer steiler Anstieg führt uns am ersten Tag zum Eremo delle Carceri. Abseits und ruhig liegt die Einsiedelei im Wald. In einer kleinen Kapelle dürfen wir einen bewegenden Gottesdienst feiern.
Auch mit leichtem Rucksack – das Begleitteam transportiert unser Gepäck zu unserem Ziel – muss der Körper sich erst auf die Belastung einstellen. Doch das Ziel Folignio wird erreicht.
Der 2. Pilgertag soll über 32 km von Foligno nach Spoleto gehen und ist die längste Etappe. Nach der Mittagsrast an den Fonti del Clitunno geht es wohlgestärkt an den Rest des Weges. Spät erreichen wir unsere Unterkunft in Spoleto.
Am 3. Pilgertag bringt uns der Begleitbus von unserer Unterkunft in die Stadt. Die Brücke „Ponte delle Torri“ gesperrt ist, heißt es einen „Ersatzweg“ finden. Leider kann dadurch der Dom Santa Maria Assunta nicht aufgesucht werden. Und dann kommt auch noch Regen auf. In einer Scheune dürfen wir unsere Mittagsrast zwischen landwirtschaftlichem Gerät halten. Wir sind froh, dass uns die Besitzer diesen Platz nutzen lassen und bedanken uns mit einem herzlichen Danke-Kanon.
In Macenano nimmt uns der Charterbus auf uns bringt uns unserem Hotel in Piediluco, in dem wir zweit Nächte bleiben.
Christi Himmelfahrt und unser 4. Pilgertag. Der Charterbus bringt uns zurück auf den Weg. Wo soll sich hier ein Ort finden, an dem wir einen Gottesdienst feiern können. Die Frage bewegt und regt auch die Kreativität an. Jemand findet ein paar zusammengenagte Bretter und nimmt sie mit. An einer Weggabelung steht ein Kreuz mit unserem Wegsymbol. Rucksäcke werden aufgeschichtet, die Bretter daraufgelegt, mit Tüchern und Blumen wird ein „Altar“ geschmückt. Ein sehr bewegender Gottesdienst folgt.
Nach einer guten Mittagsversorgung geht es nun zu Fuß nach Piediluco weiter.
An unserm 5. Pilgertag erreichen wir Poggio Bustone mit dem Kloster San Giacome. Der Weg führt meist über asphaltierte Wege und Straßen und eröffnet uns den Blick ins Rietital. Der Besuch der Kirche und des Klosters San Giacomo entschädigen ein wenig. Von dort geht es dem Charterbus zu unserer nächsten Unterkunft, die abseits des Pilgerweges liegt.
Der 6. und letzte Pilgertag führt uns zu unserem Ziel Rieti. Auf dem Weg dorthin liegt die franziskanische Einsiedelei Eremo La Foresta. Im Schatten der Bäume hat das Begleitteam ein wahres Büfett zur körperlichen Erbauung für uns aufgebaut. Leider ist die Einsiedelei nicht geöffnet; Garten und Park lassen etwas vom Geist des Ortes ahnen. Nach der Beschaulichkeit des bisherigen Weges müssen wir uns wieder auf das städtische Leben in Rieti einstellen.
Mit der Teilnahme an einem Gottesdienst in der Basilica Sant’Agostino beenden wir die erste Etappe unseres Pilgerwegs.
Dank an Markus für gute Organisation und Navigation, Dank an das Begleitteam und an Alle, die sich in irgendeiner Form eingebracht haben.
– Erfahrung –
Sechs Pilgertage liegen hinter uns.
Nach dem spirituellen Auftanken und dem Höhepunkt unserer diesjährigen Etappe in Assisi ist das Ziel Rieti – es heißt der geographische Mittelpunkt Italiens – von allen erreicht.
Sich aufmachen mit einem Ziel vor Augen oder den Weg als Ziel begreifen. Sicherlich hat die erste Etappe auf dem Weg von Assisi nach Rom beides.
Gemeinsam unterwegs zu sein, Gemeinschaft finden in den Gesprächen auf dem Weg oder den Pausen, gemeinsam essen, singen, beten und Gottesdienste feiern.
Auch allein gehen zu können, wohl wissend, dass es respektiert wird und die Gruppe darauf achtet, dass man nicht verloren geht.
Geleitet und begleitet durch den Sonnengesang des hl. Franziskus und das franziskanische Zeichen des „TAU“ zu pilgern.
Spiritualität erfahren zu können in den Gottesdiensten, durch die Text-Impulse für den Tag, durch Worte und Gesang.
Den Pilgerweg auch körperlich zu spüren, an seine Grenzen zu kommen, eventl. Schmerzen zu haben, so auch die menschlichen Erfahrungen nachvollziehen können, die früher und heute noch Menschen sammeln, die unterwegs sind oder unterwegs sein müssen.
Die Natur erleben in allen Formen: Eichenwälder, Olivenhaine, Weingärten, Getreidefelder und Wiesen, leuchtende Mohnblüten im Feld und wilde Alpenveilchen im Wald. Aber auch durch die Umgebung: schmale Pfade, unsicherer Untergrund, befestigte Wege, asphaltiere Wege und Landstraßen. Gehöfte, kleine Dörfer und Städte, deren Häuser aneinandergeklebt sind und geschäftige Vorstädte und Städte.
Offene Kirchen finden, die zum Verweilen einladen, manchmal üppig ausgestattet und ein anderes Mal karg oder geschlossene Kirchen, die durch ihr Äußeres beeindrucken.
Und da ist auch schon die Vorfreude auf den weiteren Weg und die Hoffnung, dass wir ihn – mit Gottes Hilfe – im kommenden Jahr fortsetzen können.
Zweiter Bericht von Jakobusbruder Günter Willenborg:
Für das Doppeljahr 2018/19 hat die Jakobusbruderschaft Trier unter der spirituellen Leitung von unserem Sekretär Markus Nicolay ein ambitioniertes Projekt in Angriff genommen. Nicht einer der vielen Jakobswege soll begangen werden, wohl aber der anspruchsvolle Franziskusweg von Assisi über den Apennin nach Rom. Siebenundzwanzig Frauen und Männer der Bruderschaft haben sich zusammengefunden, um diesen Weg auf den Spuren des Hl. Franziskus und der Hl. Clara zu wagen.
Nicht ohne Grund ist für den Start der Monat Mai gewählt. Er ist der lieblichste aller Monate. Die Natur hat ihr schönstes Kleid angelegt, die Felder stehen im satten Grün, Klatschmohn und wilde Alpenveilchen leuchten in hellen Farben und die Vögel singen schon frühmorgens ihre Lobeshymnen. Die Menschen sind fröhlich und gehen achtsam miteinander um. So ganz nach dem Geschmack und im Sinne des großen Natur- und Menschfreundes Franziskus.
Die ersten beiden Tage verbringen wir in Assisi und lassen uns von den ehrwürdigen Stätten inspirieren. Bruder Thomas bringt uns in einem fundierten Vortrag und einer grundlegenden Führung durch die Franziskus-Basilika mit ihren restaurierten Fresken das Leben und die Theologie des Heiligen nahe. Er stimmt uns ein auf die bevorstehenden einhundertdreißig Kilometer Pilgerweg von Assisi in Umbrien nach Rieti in Latium.
Montags ist es dann so weit. Es geht auf den Weg und dieser beginnt gleich mit einem steilen Anstieg von annähernd fünfhundert Metern „There is nothing better like a good mountain to wake you up in the morning.“ Dieser Spruch ist wohl wahr, der Berg weckt alle Sinne. Jeder weiß spätestens jetzt, was ihn erwartet. Mit Ruhe und Bedacht wird der Aufstieg gemeistert. Wir erreichen die Eremo delle Carcceri und feiern die Hl. Messe dort. Es ist eine benediktinische Einsiedelei, die Franziskus und Clara mit ihren Schwestern und Brüdern sehr gerne aufgesucht haben. Immer wieder treffen wir auf Spuren des Heiligen, in Trevi, wo Franziskus gepredigt hat, in Spoleto, wo er im Traum seinen Auftrag annimmt und sein Leben neu ausrichtet. „Warum lässt du den Herrn im Stich für den Knecht?“
Der Weg ist gut ausgeschildert, ein Verfehlen ist kaum möglich. Die gelbblauen Markierungen leuchten voraus und das Tau-Kreuz als Symbol des Heiligen geht uns voran. Es ist das Merkmal des Antoniterordens, das von Franziskus als Zeichen der Demut und Erlösung übernommen wurde. Olivenhaine begleiten uns, kleine Dörfer kleben abenteuerlich an den Bergen und so mancher Waldweg lässt das Herz höher schlagen. Das Wetter ist sommerlich, nicht zu kalt und nicht zu heiß, so wie es der Pilger mag. Die glückliche Stimmung führt unvermittelt zum Einfall der Frauen mit Liedern und Gesang, sei es auf dem Weg oder in den kleinen Kapellen und Eremitagen am Weg. Selbst die Männer stimmen mit ein.
Hinter Spoleteo oberhalb des Aquäduktes erleben wir einen erneuten heftigen Aufstieg. Er führt uns zum Monteluco, einer weiteren Einsiedelei im Steineichenwald. Das Kreuz von San Damiano in Assisi soll hier gemalt worden sein.
Die regelmäßige Hl. Messe ist auf dem Pilgerweg ein bedeutsames Gemeinschaftserlebnis. Nicht immer steht eine Kapelle zur Verfügung, aber in freundlicher Umgebung lässt sich auch in der freien Natur die Eucharistie feiern. Ein Altar ist aus den mitgebrachten Rucksäcken schnell aufgeschichtet und der vom Regen gereinigte Poncho ist als Altardecke wunderbar geeignet. Er ist ein wirkliches Symbol, sowohl im wörtlichen als auch im übertragenen Sinne. Jeder bringt seine Lasten mit und legt sie dem Herrn zu Füßen.
Buon giorno, buona gente!“ „Guten Tag, gute Leute!“ – so begrüßte einst Franziskus die Einwohner von Poggio Bustone. Auch wir fühlen uns so aufgenommen, als wir den Ort erreichen. Diese ursprüngliche Einsiedelei ist neben La Foresta, Fontecolombo und Greccio eines der berühmten franziskanischen Klöster rund um Rieti. Hier gab Franziskus seinen Mitbrüdern den Missionsauftrag: „Liebe Brüder, geht je zwei und zwei in verschiedene Weltgegenden, verkündet den Menschen den Frieden und ruft sie auf zur Buße.“
Der erste Teil unseres Pilgerweges endet in Rieti. Es gab keinen Unfall und alle Pilgerinnen und Pilger sind trotz der erheblichen Anstrengungen und der nicht immer leichten Logistik gesund nach Hause zurückgekehrt. Gott sei Dank! Alle freuen sich auf das nächste Jahr und dem Start bei der Eremo Greccio, wo Franziskus 1223 die Geburt Christi mit lebenden Personen nachgestellt hat. Wir können die letzten einhundert Kilometer nach Rom kaum erwarten.